deutschland diagonal –
eine Portraitserie
Mit dem Roller unterwegs durch Deutschland – ein ruhiger Blick auf meine Mitbewohner
Die Idee hinter deutschland-diagonal
Was treibt mich dazu, mich auf einen 50ccm Roller zu setzen und langsam durch die Republik zu tuckern? In unseren zivilisierten und bestens organisierten Breiten ist es sicherlich nicht die Abenteuerlust. Um die zu befiedigen muss man heute schon barfuß die Antarktis durchqueren oder auf Inlinern duch die Sahara knirschen. Nein, auf dem Roller durch Deutschland zu fahren ist, gutes Sitzfleisch vorausgesetzt, geradezu ein höchst bequemer Luxus.
Es ist also nicht das Abenteuer, das ich auf dem Weg durch Deutschland suche. Es ist schlicht der Kontakt zu den Menschen, die sich mit mir dieses Land teilen, die mit mir unsere Politiker wählen, die mit mir die Erfolge der Fußball-Nationalmannschaft (sowei vorhanden) bejubeln, mit denen mich auf manchen Ebenen eine gemeinsame Kultur verbindet. Wer also sind diese Deutschen, wie denken und arbeiten Sie? Warum leben sie dort, wo Sie leben? Wie fühlen Sie sich dort? Ich möchte das wissen und wen soll ich fragen, wenn nicht die Menschen selbst?
Reiserouten durch Deutschland
In den Jahren 2008, 2009, und 2010 war ich in diesem Sinne auf den Spuren meiner “Mitbewohner” unterwegs und bin dazu mit meinem 50er-Roller vom Königsee in Bayern nach Sylt, von Weil am Rhein nach Rügen und von Kleve am Niederrhein nach Görlitz diagonal durch die Republik gefahren. Im Spätsommer 2011 ergänzte ich die Diagonalen durch die „Verbindungsfahrten“ zwischen den Landeshauptstädten Saarbrücken, Mainz, Wiesbaden, Düsseldorf, Hannover, Bremen, Hamburg, Kiel und Schwerin. Immer die Augen weit geöffnet auf der Suche nach interessanten Menschen und spontanen Begegnungen und Portraits.
Portraits
Entstanden sind auf den gefahrenen gut 8.000 Kilometern zirka 160 Portraits, von denen ich einige auf dieser Seite in der Galerie präsentiere. Neben den Bildern stehen jeweils die Aussagen der Menschen und der Ort an dem das Foto aufgenommen wurde.
‚deutschland diagonal‘ in Zahlen
“ Deutschland ist ein unfassbar schönes und vielschichtiges Land – wenn man ihm und seinen BewohnerInnen mit Interesse, Respekt und Neugierde entgegentritt. „
Portraits (Auszug)

Josef (63), Rentner und Aushilfe auf dem Bau
Taching am See
“ Ich habe 30 Jahre auf dem Bau gearbeitet. Heute bin ich Rentner und arbeite nebenbei auf 400 Euro Basis. Mir gefallen hier vor allem die Leute und was so passiert. „

Daniel (21), Lockrangierführer
Bad Lauchstädt
“ Ich bin hier geboren, aufgewachsen, und habe meinen Freundeskreis hier. Hier ist meine Heimat.
Ich habe Frau und Kind hier, und bin seit elf Jahren im Spielmannszug.
Mein Arbeitsplatz ist allerdings in Karlsruhe. „

Achim (46), Landwirt und Pferdekutschen-Betreiber
Tettau
“ Was mir hier gefällt? Alles!
Ich komme von hier und möchte gar nicht woanders hin. Ich liebe die Arbeit mit den Pferden – einen Traktor habe und brauche ich nicht. „

Katarzyna (23), Hausfrau
Görlitz
„Ich komme aus Polen und bin hier, um ein besseres Leben zu finden. Meine Mutter kommt aus Deutschland – daher habe ich auch einen deutschen Pass. Görlitz ist sehr schön, wenn ich Arbeit finde, möchte ich hier bleiben.„

Jutta (51), Collie-Züchterin
Oberstenwehr
„Ob es mir hier gefällt? Das sieht man doch! Das ist Urlaub pur, jeden Tag – trotz der vielen Arbeit. „

Joshua (49), Maschinenbediener
Büren
“ Es war immer mein Wunsch nach Europa zu kommen. Als ich 1987 die Möglichkeit hatte, habe ich sie sofort genutzt. Nigeria ist jetzt meine zweite Heimat, Büren meine erste.
Ich kann mich nicht beklagen, hier gefallen mir die Ruhe und die Sicherheit. Das Leben ist schön und nicht hektisch. „

Anna (29), Industrie- und Handelskauffrau
Recklinghausen
„ Ich bin aus Russland hierher gezogen, um meinen Mann zu heiraten. Er kommt aus Kirgistan. Es gefällt mir hier sehr gut, ich spreche nur die Sprache noch nicht gut genug.
Hier sitze ich leider viel zu Hause, in Russland habe ich als Managerin gearbeitet. „

Horst (69), Rentner
Bülstringen
„ Das Haus, in dem ich lebe, gehörte schon meiner Oma. Ich bin immer hier geblieben, denn ich lebe gerne auf dem Land. Das ganze Jahr ist mit Gärtnerei ausgefüllt. Ich habe 40 Jahre in Magdeburg gearbeitet, aber das Stadtleben würde mich nicht interessieren.
Hier im Ort war ich lange Jahre im Sportverein und der Gemeinde aktiv – das verbindet. „

Askin (43), Schlosser-Gehilfe
Landscheide
„ Bis auf das Wetter gefällt mir hier alles. Ich lebe nun seit über 30 Jahren hier und habe mir hier im Laufe der Zeit meinen Freundeskreis aufgebaut. „

Annemarie (77), Rentnerin
Köln
“ Ich kam vor 20 Jahren von Bayern nach Köln, weil ich in meinem Leben nochmal woanders leben wollte. Hier in Köln gefällt es mir sehr gut, weil alles so schön nah beieinander und zu Fuß erreichbar ist.
Mit Bayern verbindet mich aber noch ganz viel. Heute trage ich z.B. bayerische Kleidung, weil heute das Oktoberfest angeht. “
Veröffentlichung im Magazin der Le Monde


„Wenn man die Menschen so lebendig, so verwurzelt mit dem Erdreich, dem Objektiv gegenüber stehen sieht, könnte man sich fast vorstellen, dass ihre Füße Wurzeln schlagen, um sie in der Erde zu versenken – dieser Erde, die ihnen so teuer ist.“